Requiem-Lesung am 29.9.204 im Hüneberg Haus
Wolfgang Werner und Renate Walprecht schlüpften in die Rollen des Erich Krakau und seiner Frau Lisa, den Hauptfiguren von Karl Alfred Loesers Roman Requiem. Sie fesselten das zahlreich erschienene Publikum mit der Handlung der Geschichte um den berühmten jüdischen Cellisten Krakau. Obwohl bereits in den 30iger Jahren geschrieben, werden hier schon fast prophetisch Handlungsweisen der Nazis und die politische Entwicklung der kommenden Zeit vorausgesehen. Die im Roman vorkommenden Personen, die quasi stellvertretend für die gesamte Gesellschaft stehen, wurden durch Beschreibung und Textabschnitte ausführlich und anschaulich vorgestellt: Der talentfreie Bäckerssohn, der meint, Krakaus Orchesterstelle stünde ihm, einem echten Deutschen, zu.
Der befreundete Arzt Dr. Spritzer, der rechtzeitig das Land verlassen kann, dessen Warnungen Erich Krakau erst nicht ernst nimmt.
Der hinterlältige Emporkömmling Wendt, der als Journalist für die Nazis übelste Artikel schreibt und es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt.
Der Gauleiter von Oerzten, der die Machenschaften seiner Untergebenen nicht durchschaut und machtlos mit ansehen muss, wie seine Ideale verraten werden.
Krakaus Unterstützer, der Intendant Berckoff und der Kapellmeister Jung, die viel für Krakau riskieren und ihm am Ende helfen können.
Die Bausteine der Handlung wurden musikalisch unterbrochen durch Darbietungen von Jacqueline Seitz am Cello und Anne Petrossow am Klavier. Die einfühlsam und gefühlvoll vorgetragenen klassischen Evergreens von Bach, Händel und Schumann gaben den Zuhörern die Möglichkeit, die Gedanken schweifen zu lassen und dem Gehörten ein wenig nachzuspüren.
Sicherlich hat jeden Besucher die Botschaft der Lesung erreicht: Was Loeser in seinem Roman beschreibt, hat an Aktualität nichts verloren. Seine Bilder der Gesellschaft vor knapp 100 Jahren könnten auch von heute stammen: die Zauderer, die sich nicht trauen, einzuschreiten; die Leisen, die nur ihre Ruhe haben wollen; die Lauten, die meinen, je lauter sie schreien, umso mehr haben sie Recht; die Unzufriedenen, die es „denen da oben“ endlich mal zeigen wollen...
Nach lang anhaltendem Applaus gab es anschließend die Gelegenheit, sich über das Gehörte bei einem Gläschen Wein auszutauschen.
Ausstellungseröffnung "Ihr Tod reißt nicht die geringste Lücke ..." NS-"Euthanasie" in Waldeck-Frankenberg
Theo Brömmelhaus vom Vorstand der Rückblende und Mitautor der Ausstellung „Ihr Tod reißt nicht die geringste Lücke“ begrüßt die Anwesenden und führt ins Thema ein. Er weist darauf hin, dass es auf den Tag genau 85 Jahre her ist, dass Adolf Hitler mit dem „Euthanasie“-Erlass die systematische Ermordung von Menschen, die als lebensunwert deklariert wurden, freigab.
Landrat Jürgen van der Horst sprach von einer Erinnerungsarbeit, die weh tut, aber notwendig ist. Jeder Einzelne trage Verantwortung, damit sich ein solch kollektives Gesamtversagen nicht wiederhole. Es sei wichtig, den ca. 500 Opfern aus Nordwaldeck ein Gesicht und einen Namen zu geben um so an sie zu erinnern.
Als Vertreter der Stadt lobt der 1. Stadtrat Thomas Viesehon die wichtige Arbeit des Vereins Rückblende. In Volkmarsen zeigen das Haus Emilie und das Haus am Scheid, wie aufgeschlossen man zum Thema Integration stehe. Gerade in den heute politisch unsicheren Zeiten sei es wichtig, sich gemeinsam dafür einzusetzen, dass es Euthanasie nie mehr geben wird.
Die Theatergruppe der Lebenshilfe bringt den Besuchern mit einem Theaterstück eindringlich und unter die Haut gehend die Thematik nahe. Sie stellen den Tag der Abholung von Menschen mit Behinderungen nach, die zur Vergasung nach Hadamar gebracht werden. Sehr ergreifend.
Karl-Heinz Stadtler vom Förderkreis Synagoge Vöhl trägt den Einführungsvortrag von Herrn Dr. Wilhelm Völcker-Jannsen vor, den dieser zur Ausstellungseröffnung 2009 im Bonhage-Museum in Korbach hielt. Er hofft, dass die Ausstellung Mitmenschlichkeit, Empathie und Zivilcourage vermittelt. Sein Credo: Es gibt die Möglichkeit etwas zu tun, man muss es nur tun!
Theo Brömmelhaus vom Vorstand der Rückblende bedankt sich herzlich bei den Ausführenden für die sehr persönlichen Wortbeiträge und das ergreifende Schauspiel und überreicht kleine Geschenke.
Großes Interesse an der Ausstellung gibt es bei den Besuchern. Dr. Wolfgang Werner, 1. Vorsitzender der Rückblende, informiert über Aufbau und Intensionen der Ausstellung. Er hat sie zusammen mit Dr. Völcker-Jannsen gemeinsam konzipiert. Zu sehen ist „Ihr Tod reißt nicht die geringste Lücke“ noch das ganze Jahr über während der Öffnungszeiten des Gustav Hüneberg Hauses.
Zum Ausklang des gelungenen Nachmittags trifft man sich in kleiner Runde im Garten des Hüneberg Hauses. Nach den anregenden Eindrücken gibt es viel zu besprechen und ein leckeres Eis für die Schauspieler.
Besuch aus Vöhl im Gustav Hüneberg Haus
Im Rahmen der Jubiläumsfeier „25 Jahre Förderkreis Synagoge Vöhl“ besuchten die zur Veranstaltung geladenen Nachfahren der Vöhler Juden und ihre Begleiter vom Förderkreis Volkmarsen. Ziel war hier neben dem jüdischen Friedhof das Hüneberg Haus. Mit großem Interesse ließen sich die Besucher durch die Mikwe und die Dauerausstellung führen. Auch die Sonderausstellung „Ganz rein“ mit den Mikwe-Bildern von Peter Seidel wurde aufmerksam angeschaut und manches Bild rege besprochen.
Bei Kaffee und Kuchen im Garten des Hauses wurden Geschichten erzählt, Erfahrungen und Gedanken ausgetauscht und die Wichtigkeit und Notwendigkeit des Bestehens solcher Initiativen wie der Rückblende betont.
Bilder: Copyright Ruben Herzberg; Elke Zemke
VORTRAG: „JÜDISCHES LEBEN IM MITTELALTER“
Jüdisches Leben in der mittelalterlichen Stadt - die Beispiele Konstanz und Frankfurt am Main", Sichworte: Als die Juden aus den Städten der deutschen Lande in der Mitte des 15. Jahrhunderts vertrieben wurden, wurde auch der größte Teil ihres kulturellen Erbes zerstört und die Erinnerung daran durch die Vorstellung von einer mittelalterlichen christlichen Einheitskultur überdeckt. Deshalb ist die gemeinsame christlich-jüdische und lateinisch-hebräisch-deutsche Kultur der Städte kaum noch vorstellbar. Doch waren die Siedlungsräume von Christen und Juden oft noch nicht getrennt, gab es viele ökonomische und soziale Beziehungen. An den Beispielen der Städte Konstanz und Frankfurt am Main, deren jüdische Ansiedlungen und Quellen in den letzten Jahren intensiver erforscht wurden, soll dies vorgeführt werden.
Zu Frau Professor Dr. Dorothea Weltecke : Sie hat seit 2021 die Professur für Europäische Geschichte des Mittelalters an der Humboldt-Universität zu Berlin inne, vorher war sie Professorin für Mittelalterliche Geschichte II an der Goethe-Universität Frankfurt am Main (2017-2021) und für Geschichte der Religionen an der Universität Konstanz (2007-2017). Sie hat in Berlin Geschichte, Semitistik und Kunstgeschichte studiert und zur Geschichte der christlichen Kirchen und der Religionen in Europa und im Vorderen Orient publiziert.
Besuch der Waldeck-Frankenberger Bank
Im Rahmen eines Betriebsausflugs in Volkmarsen besuchten Mitarbeiter der Waldeck-Frankenberger Bank zur Mittagszeit das Haus Hüneberg. Nach einem Imbiss besichtigten sie die Ausstellungen und die Mikwe. Bei diesem Anlass übergab der Vorstand der Bank dem Verein Rückblende gegen das Vergessen für ihre ehrenamtliche Arbeit einen Scheck in Höhe von 1500,00€. Der Vorstand des Vereins bedankte sich für diese Unterstützung der Arbeit durch die Bank.
Ganz rein - Jüdische Ritualbäder - Fotografien von Peter Seidel
Eine Koproduktion mit den Jüdischen Museen Wien, Franken, Hohenems und Frankfurt am Main
Die Präsentation findet vom 22.06.2024 bis zum 15.08.2024 im Gustav-Hüneberg-Haus, Steinweg 24 in Volkmarsen statt.
Im Rahmen des diesjährigen Sommerfestes am 22.06.2024 wird diese Ausstellung im Beisein des Fotografen eröffnet. Peter Seidel wird eine kurze Einführung zu seinen Arbeiten geben und auch für Fragen zur Verfügung stehen.
----- Die Ausstellung ist ein ganz besonderes visuelles Highlight -----
Bilder: Copyright Peter Seidel
Das diesjährige Sommerfest war ein voller Erfolg
Eingerahmt wurde die offizielle Eröffnung des Sommerfestes mit Musik. Ein Instrumentalensemble mit Flöten und Cello spielte Klezmermusik. Jacqueline Seitz am Cello, Renate Walprecht, Gudrun Simon, Dorothea Schmidt-Schäfer, Tanja Weitzendorf und Maren Grünhaupt an den Flöten musizierten die mitreißende, traditionelle Musik der Ostjuden.
Der beschauliche, wunderschöne Garten des Gustav Hüneberg Hauses bot einen gelungenen Rahmen für die Veranstaltung. Dank des guten Wetters konnte gemeinsam draußen gefeiert werden.
Der 1. Vorsitzende der Rückblende, Dr. Wolfgang Werner, begrüßte die zahlreich erschienen Gäste und informierte über den geplanten Ablauf des Abends. Neben ihm der Frankfurter Fotograf Peter Seidel.
Als „Dankeschön“ für ihre musikalischen Darbietungen überreichte der stellvertretende Vorsitzende der Rückblende, Arno Walprecht, den Damen jeweils eine Rose. Auch dem Fotografen Peter Seidel scheint es gefallen zu haben.
Ab 20.00 Uhr gab es auf der eigens dafür aufgebauten Bühne ein Konzert des Duos „Season“. Tabea Henkelmann mit ihrer wunderschönen, warmen Stimme und Thomas Höhl am Piano begeisterten die Besucher mit ihrer Musik. Die farbenfrohen Arrangements bekannter und weniger bekannter Popsongs kamen sehr gut an.
Tabea Henkelmann und Thomas Höhl. Tabea brachte sehr gefühlvoll zum Ausdruck, was die Songs sagen wollen. Thomas als studierter Filmmusiker arrangierte die Stücke gekonnt und maßgeschneidert für die beiden.
Der Fotograf Peter Seidel neben dem Volkmarser Bürgermeister Hendrik Vahle und Dr. Wolfgang Werner. Bürgermeister Vahle kam im Rahmen eines „Stadtradel-Events“ zum Sommerfest, um dort ein Grußwort zu sprechen.
Bürgermeister Vahle teilte mit, dass er sehr erfreut sei über die rege Arbeit des Vereins, die den ganzen Ort belebe. Er begrüßte besonders den aus Frankfurt angereisten Peter Seidel.
Der Veranstaltungsraum des Gustav Hüneberg Hauses wurde zum Ausstellungsraum einer ganz besonderen Ausstellung. Peter Seidel brachte seine Bildersammlung zum Thema „Ganz rein“ mit nach Volkmarsen. Das sind Bilder von Mikwen, also jüdischen Ritualbädern, aus ganz Europa. Die Bilder wurden nicht einfach nur aufgehängt. Der Raum musste komplett verdunkelt werden, denn jedes einzelne Bild hat eine Beleuchtung „von innen“.
Peter Seidel hielt zu Beginn des Sommerfestes einen Vortrag im Garten. Die Zuhörer erfuhren etwas über seine Person, seine Intension, zu fotografieren, zur Entstehung der Bilder... Der Fotograf sparte auch nicht mit Seitenhieben auf aktuelle politische und gesellschaftliche Gegebenheiten.
Tabea Henkelmann in ihrem Element. Mit viel Gefühl und toller Stimme begeisterte sie die Zuhörer beim Sommerfest.
Vortrag von Dr. Rock über die "Neue Rechte"
Dr. Rock referiert über die "Neuer Rechte".
Die Präsentationsunterlagen können Sie sich hier anschauen.
Lesung zu Kurt Tucholsky mit Valeria Geritzen und Christian Holtgreve
„Der Mensch gönnt seiner Gattung nichts, daher hat er die Gesetze erfunden“
Dieses Zitat von Kurt Tucholsky könnte man als Motto der Veranstaltung beschreiben.
Valeria Geritzen und Christian Holtgreve bereiteten den zahlreich Erschienenen im Gustav Hüneberg Haus einen spannenden, unterhaltsamen und interessanten Nachmittag.
Stationen seines Lebens wurden nachgezeichnet, gespickt mit Gedichten und weiteren Texten.
Die Texte des politisch stark engagierten Journalisten und bedeutenden Publizisten der Weimarer Republik sind zwar schon ca. 100 Jahre alt, haben aber absolut nichts von ihrer Aktualität eingebüßt. Was würde der Pazifist und Antimilitarist Tucholsky zur aktuellen Situation in der Ukraine und den damit verbundenen Waffenlieferungen sagen?
Lesung und Gespräch mit dem Autor Martin Doerry zum Buch "Lillis Tochter"
Martin Doerry für eine Lesung im Hüneberg Haus zu gewinnen, darauf waren die Veranstalter schon stolz.
Er las aus seinem Buch „Lillis Töchter“, inzwischen wahrhaft ein Bestseller. Hauptinhalt des Buches sind Briefe. Briefe an Lilli und Briefe von Lilli.
Lilli Jahn war die Großmutter von Martin Doerry, ihre Tochter Ilse die Mutter von ihm. Lilli war Jüdin, verheiratet mit einem arischen Arzt und hatte fünf Kinder. Wie ihr Leben mit Verfolgung und Deportation verlief, ließ der Autor mit Hilfe der Briefe lebendig werden.
Traurige Stationen in Lillis Leben waren u.a. die Internierung in Breitenau und die Ermordung in Auschwitz.
Dass die Schatten der Vergangenheit auf seine Mutter fielen und auch sein Leben stark beeinflussten, wurde sehr deutlich. Lillis Tochter Ilse wollte lange Jahre nicht über die Zeit der Verfolgung, Entrechtung, Einschränkungen und deren Folgen sprechen. Erst spät konnte sie ihr Sohn Martin davon überzeugen, wie wichtig es ist, die „Zeit des feinen Schweigens“ zu beenden.
Shoagedenken am 25.01.2024
Holocaust-Gedenken
Arno Walprecht von der Rückblende begrüßte die Anwesenden zur diesjährigen Gedenkveranstaltung. Umrahmt wurde die Veranstaltung musikalisch von Jacquelene Seitz am Cello, Maren Grünhaut und Renate Walprecht an den Flöten. Diakon Alexander von Rhüden hatte mit Ariane Hille und Jakob Buse einen Dialog vorbereitet, der über die gemeinsamen Wurzeln des Judentums und des Christentums informierte. In seiner Ansprache erinnerte das Vorstandsmitglied Manfred Flore eindrucksvoll an die über sechs Millionen Menschen, die verfolgt und ermordet wurden. Zum Abschluss der Veranstaltung verlasen die beiden jungen Gäste die Namen der getöteten ehemaligen jüdischen Mitbürger aus Volkmarsen.